FG Münster verneint Geschäftsführerhaftung für Steuerschulden bei ausdrücklich fehlender Zustimmung des vorläufigen Sachwalters

Ein GmbH-Geschäftsführer haftet nicht für solche Steuerschulden, deren Zahlung der Sachwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren ausdrücklich nicht zugestimmt hat. Dies hat das Finanzgericht Münster mit Beschluss vom 03.04.2017 (Az.: 7 V 492/17 U, BeckRS 2017, 108260) im Rahmen eines Verfahrens über die Aussetzung der Vollziehung entschieden.

Vom Insolvenzgericht bestellter Sachwalter stimmte Steuerzahlungen nicht zu

Die Antragsteller waren Geschäftsführer einer GmbH, für die sie einen Insolvenzantrag gestellt hatten. Das Insolvenzgericht ordnete die vorläufige Eigenverwaltung an. Es bestellte einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Sachwalter und verfügte, dass Zahlungen von Steuern sowie Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nur mit Zustimmung des Sachwalters geleistet werden dürfen. Der Sachwalter erklärte, dass er den Zahlungen von Steuern und Sozialversicherungsabgaben ausdrücklich nicht zustimme.

Streit um Haftung der Geschäftsführer für fällige Umsatzsteuerbeträge

Für die dementsprechend nicht gezahlten fälligen Umsatzsteuerbeträge nahm das Finanzamt die Antragsteller als Geschäftsführer gemäß § 69 AO in Höhe einer Quote von knapp 40% in Haftung, weil sie Forderungen anderer Gläubiger in einem höheren Umfang bedient hätten als die Steuerforderungen. Für das Verfahren über die hiergegen eingelegten Einsprüche beantragten die Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung, weil die Zahlung der Steuern aufgrund der fehlenden Zustimmung des Sachwalters für sie rechtlich unmöglich geworden sei, sie aber jedenfalls kein Verschulden treffe. Das Finanzamt war demgegenüber der Auffassung, dass die Verweigerung der Zustimmung die Antragsteller dazu hätte veranlassen müssen, die Durchführung der vorläufigen Eigenverwaltung infrage zu stellen.

FG hält Rechtmäßigkeit der Haftungsbescheide ernstlich für zweifelhaft

Der gerichtliche Aussetzungsantrag hatte in vollem Umfang Erfolg. Das FG äußerte ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Haftungsbescheide. Die Antragsteller seien zwar als Geschäftsführer der GmbH zur Zahlung der Steuern verpflichtet gewesen. Diese Pflicht bestehe auch während des Insolvenzeröffnungsverfahrens weiterhin und werde nicht durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung beschränkt. Die Antragsteller hätten diese Pflichten jedoch nicht grob fahrlässig verletzt. Aufgrund der Anordnung durch das Insolvenzgericht, wonach Steuerschulden nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden durften und der ausdrücklichen Verweigerung der Zustimmung durch den Sachwalter könne den Geschäftsführern kein grobes Verschulden vorgeworfen werden. Dies gelte unabhängig von der in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Anordnung eines solchen Zustimmungsvorbehalts im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung zulässig sei.

FG Münster, Beschluss vom 03.04.2017 - 7 V 492/17

Redaktion beck-aktuell, 15. Mai 2017.