Experten loben Pläne zur Sozialkassen-Sicherung

Das Bundesarbeitsgericht hatte im September 2016 die Wirksamkeit von Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe für ungültig erklärt (in BeckRS 2016, 74223). Die Koalitionsfraktionen reagierten darauf mit dem Gesetzentwurf zur "Zukunft der Sozialkassen im Baugewerbe" (BT-Drs. 18/10631). In einer Anhörung des Arbeitsausschusses am 23.01.2017 begrüßte die Mehrheit der Sachverständigen ein solches Gesetz als notwendig, wie die Bundestagspressestelle mitteilte.

Koalition sieht Gefahren für Sozialkassen

Diese vom BAG erkannte Unwirksamkeit sei geeignet, den weiteren Bestand der Sozialkassen zu gefährden und damit Nachteile sowohl für Betriebe als auch Beschäftigte mit sich zu bringen, erklärten die Koalitionsfraktionen. Denn die Kassen müssten damit rechnen, mit hohen Beitragsrückzahlungen konfrontiert zu werden. Um dies abzuwenden, sollen die bislang stets nach § 5 TVG (Tarifvertragsgesetz) für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge, die dem Sozialkassenverfahren zugrunde liegen, beginnend mit dem 01.01.2006 "kraft Gesetzes mittels statischer Verweisung für alle Arbeitgeber verbindlich angeordnet werden".

Eigenständige Rechtsgrundlage für Baugewerbe

Das Gesetz schaffe damit eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, so die Koalitionsfraktionen weiter. Die Kassen könnten ausstehende Beiträge wieder einziehen, die Risiken aufgrund ausstehender Rückforderungsansprüche könnten abgewendet werden. Das Gesetz soll einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der eingezogenen Beiträge im Sinne der § 812 ff BGB schaffen.

ZDB und DGB für rasche Verabschiedung des Gesetzes

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) sprach sich laut Mitteilung in seiner Stellungnahme für eine rasche Verabschiedung des Entwurfes aus, um "schwerwiegende Nachteile für die Bauwirtschaft und die Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieser Branche zu vermeiden". Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Gesetzentwurf und betonte die bedeutende Rolle der Sozialkassen. Der Entwurf gewährleiste "die umfassende Sicherung der individuellen Ansprüche von Millionen Bauleuten, die ansonsten massiv gefährdet wären." Die derzeitige Rechtsunsicherheit müsse schnellstmöglich beseitigt werden, so der DGB.

Rechtsexperte: Geplantes Gesetz verfassungsrechtlich geboten

Ulrich Preis, Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, bezeichnete den Entwurf in seiner Stellungnahme als "verfassungsrechtlich geboten, weil eine seit Jahrzehnten gelebte Praxis der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) durch eine nicht vorhersehbare Rechtsprechung des BAG die soziale Institution der Gemeinsamen Einrichtungen der Sozialpartner des Baugewerbes gefährdet".

Kritik aus anderen Branchen

Deutlich kritisiert wurde der Plan der Koalitionsfraktionen dagegen vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke. Der Gesetzentwurf sei überflüssig und diene den Tarifvertragsparteien des Baus dazu, sich auch künftig den Zugriff auf anderweitig tarifgebundene Mitgliedsunternehmen der handwerklichen Ausbaugewerke zu sichern, so der Verband in seiner Stellungnahme.

Redaktion beck-aktuell, 24. Januar 2017.