Experten weisen auf hohes Armutsrisiko von Erwerbsminderungsrentnern hin
Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband betonte in der Anhörung, es sei "dringend nötig", das Armutsrisiko von Erwerbsminderungsrentnern zu senken. Besser wäre es allerdings, die Zurechnungszeit nicht stufenweise zu verlängern, sondern schneller und in einem Schritt, sagte Fix. Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung Bund rechnete vor, dass Erwerbsgeminderte ein fünffach höheres Armutsrisiko hätten als andere Altersrentner. Durch die Verlängerung der Zurechnungszeit würden die Erwerbsminderungsrenten um 7,5 bis 8% steigen, prognostizierte seine Kollegin Gundula Roßbach.
Rentenabschläge umstritten aber notwendig
Eine wichtige Rolle spielte die Frage der Abschläge, die auch bei der Erwerbsminderungsrente für den vorzeitigen Wechsel in die Rente in Kauf genommen werden müssen. Sie wurden von einigen Sachverständigen zwar als im Grundsatz systemwidrig, aber gleichzeitig auch als Mittel bezeichnet, um die Anreizwirkung, die eine Erwerbsminderungsrente mit verlängerter Zurechnungszeit hat, auszuhebeln. Für dieses Problem gebe es nicht die eine Patentlösung, betonte der emeritierte Professor am Institut für Soziologie der Universität Duisburg, Gerhard Bäcker. Die Arbeitgeber und der Zentralverband des Deutschen Handwerks sprachen sich gegen die Abschaffung der Abschläge aus, um keine Anreize zu schaffen.
Sachverständige fordern präventive Maßnahmen
Stefan Sell, Professor für Sozialpolitik an der Hochschule Koblenz, betonte, dass eine verlängerte Zurechnungszeit die Situation vieler Erwerbsminderungsrentner zwar verbessere. Diese Maßnahme allein werde sich jedoch für viele als zu kurz gegriffen erweisen, weshalb man dringend über die Frage der Abschläge diskutieren müsse. Der Rechtswissenschaftler Felix Welti von der Universität Kassel plädierte für einen Ausbau von Reha-Leistungen und der Rolle der Arbeitsmedizin in Betrieben, um Erwerbsminderungsrenten frühzeitig zu vermeiden.