"Cum-Ex"-Geschäfte: Bundestags-Untersuchungsausschuss endet ohne einheitliches Ergebnis

Der Bundestags-Untersuchungsausschuss, der die dubiosen “Cum-Ex“-Geschäfte von Investoren und Banken über ein Jahr lang beleuchtet hat, ist zu keinem einheitlichen Ergebnis gekommen. Die Parteien konnten keinen gemeinsamen Abschlussbvericht vorlegen. Nur in einem Punkt sind sich Opposition und Koalition im Bundestag einig: Die Aktiendeals seien von Anfang an illegal gewesen.

Parteien konnten sich nicht auf gemeinsamen Abschlussbericht einigen

Darüber hinaus konnten sich die Parteien aber nicht zu einem gemeinsamen Abschlussbericht durchringen. Zu groß sind die Differenzen - nicht nur bei der Schadensumme, sondern auch bei den Schlussfolgerungen. Linke und Grüne legen jeweils ein eigenes Resümee vor, Union und SPD ihre gemeinsame Sicht der Dinge - mit Entlastung auch der Verwaltung. Schließlich stellten sie in besagter Zeit die Finanzminister - erst Peer Steinbrück (SPD), dann Wolfgang Schäuble (CDU). Für die breite Öffentlichkeit arbeitete der Ausschusses der Parlamentarier mehr als ein Jahr lang eher im Verborgenen.

Fiskus wurde durch mehrfache Erstattung von Kapitalertragsteuern geschädigt

Dabei hatte der Skandal alle Zutaten, die zu einer gigantischen Affäre gehören: Milliarden-Verluste für den Staat, lange ahnungs- und tatenlose Politiker und Finanzaufseher, gierige Anleger sowie skrupellose Banker und Steuerberater, Whistleblower, Lobbyisten als Gesetzesschreiber und Maulwürfe in Ministerien. Das alles ist im Umfeld der “Cum-Ex“-Geschäfte zu finden - jener Aktiendeals, die die Allgemeinheit über Jahre sehr viel Geld gekostet haben, über die sich die öffentliche Empörung aber eher in Grenzen hält. Darum ging es bei den Konstrukten: Über komplizierte Karussell-Geschäfte wurden Aktien mit (“cum“) und ohne (“ex“) Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag eines Unternehmens rasch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. So lange, bis verschleiert war, wer überhaupt Eigentümer der Papiere war. Was dazu führte, dass Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern mehrfach ausgestellt wurden, die so aber gar nicht gezahlt wurden. Und das wohl schon seit den 1980er Jahren.

Noch kein höchstrichterliches Urteil zu “Cum-Ex“-Geschäften

Erst 2012 wurden die Geschäfte nach mehreren Anläufen gestoppt. Mehrere Gerichtsurteile und fast 30 Ermittlungsverfahren gibt es bereits. Gegen mehr als 100 Banken werde ermittelt, so der damalige NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Wissenschaftler waren lange uneins, ob die Geschäfte illegal waren. Ein höchstrichterliches Urteil jedenfalls steht noch aus - auch weil ein größeres Geldhaus den Streit am Ende nicht durch alle Instanzen durchziehen wollte. Für Gerhard Schick von den Grünen aber ist klar: “Wir reden hier über einen Kriminalfall - nicht über Steuertricks.“ Es gibt nach seinen Worten kein Urteil, das “Cum-Ex“ als legal eingestuft habe. Ermittelt werde sogar wegen bandenmäßiger Steuerhinterziehung in schweren Fällen, sagt Schick. Auch Andreas Schwarz von der SPD ist sich sicher: “Cum-Ex“ mit Leerverkäufen sei immer illegal gewesen, hießt es in seinem Büro: “Eine Gesetzeslücke hat insoweit nicht bestanden.“ Ein weiteres Fazit der Abgeordneten lautet: Offensichtlich habe es ein Netzwerk um solche Geschäfte gegeben.

SPD: Schaden ist schwer zu ermitteln

Der Untersuchungsausschuss hat in 19 öffentlichen Beweisaufnahmen fünf Sachverständige und rund 70 Zeugen gehört. Mehr als 200 Beweisbeschlüsse wurden gefasst. Am Ende aber gelingt keine gemeinsame Schlussfolgerung der Bundestags-Parteien. Was schon bei der Schadensumme beginnt. Mal ist von zehn, dann wieder von zwölf oder fast 32 Milliarden Euro die Rede. Es sind allesamt Schätzungen. Aus Sicht der SPD ist der Schaden schwer zu ermitteln: Berücksichtigt werden müssten auch bereits erfolgte und künftige Rückzahlungen sowie Strafgelder. Mitgemischt haben kleine wie große Banken, öffentlich-rechtliche Landesbanken und Institute, die vom Steuerzahler gerettet werden mussten und sich noch teils in Staatshand befinden wie die Commerzbank. Die Maple Bank ist wegen “Cum-Ex“ pleite gegangen. Das ein oder andere Geldhaus hat von sich aus reinen Tisch gemacht und Steuern nachgezahlt. Andere klagten gegen Rückzahlungsforderungen - in der Hoffnung, dass sich die Geschäfte als legal herausstellen.

Grünen-Politiker Schick: Schäuble war der bislang teuerste Finanzminister

Erst kürzlich sollen weitere Insider ausgepackt haben, weshalb auf manche Banken und Aktienhändler noch Razzien zukommen dürften. Aus Sicht von Union und SPD kann dem Bundesfinanzministerium weder der Vorwurf gemacht werden, “Cum-Ex“-Geschäfte legalisiert zu haben, noch der Vorwurf, die Aufklärung zu zögerlich behandelt zu haben. So steht es im Berichtsentwurf der Koalitionäre. Der Grünen-Politiker Schick sieht das anders und hält einen Schaden durch “Cum-Ex“ und ähnlich gelagerte, auch gestoppte “Cum-Cum“-Geschäfte von 31,8 Milliarden Euro für durchaus plausibel: “Schäuble war der teuerste Finanzminister der bundesdeutschen Geschichte.“

Redaktion beck-aktuell, André Stahl, 20. Juni 2017 (dpa).