BVerwG: Zusätzlicher Rundfunkbeitrag für Hotelzimmer setzt tatsächliche Empfangsmöglichkeit voraus

Die Erhebung des zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen (Beherbergungsbeitrag) ist nur in denjenigen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar, in denen der Betriebsstätteninhaber durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten oder eines Internetzugangs die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 27.09.2017 entschieden, das berufungsgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (Az.: 6 C 32.16).

Hostel-Betreiberin wehrt sich gegen Beherbergungsbeitrag

Nach dem seit dem 01.01.2013 geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder sind Inhaber von Betriebsstätten für die darin vorhandenen Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen zur Zahlung eines zusätzlichen Rundfunkbeitrags verpflichtet, der neben ihre allgemeine Beitragspflicht für die Betriebsstätte tritt. Für jedes Zimmer bzw. jede Ferienwohnung muss der Inhaber ein Drittel des Rundfunkbeitrags entrichten, wobei die erste Raumeinheit beitragsfrei ist. Die Klägerin ist Inhaberin eines Hostels in Neu-Ulm. Sie zahlt den allgemeinen Betriebsstättenbeitrag, wendet sich aber gegen die Heranziehung zu dem zusätzlichen Rundfunkbeitrag für ihre Gästezimmer.

BVerwG: Beherbergungsbeitrag ist rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das BVerwG hat jetzt klargestellt, dass es sich bei dem zusätzlich vom Betriebsstätteninhaber für Hotelzimmer etc. zu zahlenden Beherbergungsbeitrag um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe handele, für die die Länder die Regelungsbefugnis besitzen und deren Erhebung verfassungsrechtlich einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Diese sei grundsätzlich gegeben, weil der Beherbergungsbeitrag einen besonderen Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit abgelte, der nicht bereits vom Betriebsstättenbeitrag erfasst werde.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunkempfang ein preisbildender Umstand

Denn die Möglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkempfangs in den Hotel- und Gästezimmern sowie Ferienwohnungen ist nach Ansicht des BVerwG ein preisbildender Umstand und stellt für den Betriebsstätteninhaber einen besonderen zusätzlichen Vorteil dar, der ihm deshalb zuzurechnen und von ihm abzugelten ist, sofern er seinen Gästen in den Zimmern und Ferienwohnungen die Rundfunkempfangsmöglichkeit bereitstellt. Letzteres sei der Fall, wenn er die Räumlichkeiten mit Empfangsgeräten oder einem Internetzugang ausstatte, der seinen Gästen einen Rundfunkempfang ermögliche.

Grundsätzliche Beitragspflicht durfte ohne Ausnahmen festgelegt werden

Die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben von Raumeinheiten führe grundsätzlich dazu, dass auch die Betriebsstätteninhaber, die auf jegliche Empfangsmöglichkeit verzichten, der Beitragspflicht unterfallen. Dies hat das BVerwG im Bereich des Wohnungs- und des Betriebsstättenbeitrags (vgl. dazu BVerwG in NVwZ 2016, 1081 und NVwZ 2017, 955) als gerechtfertigt erachtet. Denn diese Raumeinheiten seien nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten oder einem Internetzugang ausgestattet und in diesen Bereichen sei eine "Flucht aus der Rundfunkgebühr" festzustellen gewesen, weshalb Zweifel an der Belastungsgleichheit der Erhebung der Rundfunkgebühr bestanden hätten. Weil darüber hinaus auch der Nachweis der Verbreitung insbesondere von multifunktionalen Empfangsgeräten und die Zuordnung zum Rundfunkteilnehmer nicht mehr mit der gebotenen Sicherheit festzustellen gewesen seien, sei aus diesen Gründen und zur Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Erhebung der Gesetzgeber nicht gehalten gewesen, im Bereich des Wohnungs- und Betriebsstättenbeitrags eine Befreiungsmöglichkeit bei Verzicht auf den Rundfunkempfang vorzusehen.

Zusätzliche Beitragspflicht für Hotelzimmer aber nur bei tatsächlicher Bereitstellung

Bei der zusätzlichen Beitragspflicht des Betriebsstätteninhabers für seine Hotelzimmer etc. lägen diese Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Inhabern, die ihren Gästen keine Rundfunkempfangsmöglichkeit in diesen Räumen eröffnen, jedoch nicht vor, stellten die Leipziger Richter jetzt klar. Denn es sei nicht aufgrund statistischer Daten verlässlich feststellbar, dass Hotelzimmer etc. nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten oder einem geeigneten Internetzugang ausgestattet seien. Darüber hinaus bereite es keine unüberwindbaren Schwierigkeiten, das Vorhandensein eines Empfangsgerätes oder eines Internetzugangs festzustellen. Die Ausstattung der Zimmer mit Empfangsgeräten oder Internetzugang gehöre zu denjenigen Merkmalen, die das Geschäftsmodell des Inhabers prägen und daher z.B. Gegenstand von Internetauftritten, Werbeprospekten und Bewertungen von Gästen im Internet sind. Aus diesen Gründen sei die Erhebung des zusätzlichen Beitrags vom Betriebsstätteninhaber verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, soweit dieser seinen Gästen eine Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Hotelzimmern etc. zur Verfügung stelle.

Zusätzlicher Beitrag an tatsächliche Nutzungsmöglichkeit gekoppelt

Für die anderen Inhaber erweise sich die Beitragsregelung als verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber ihnen nicht den Nachweis ermögliche, dass ihre Zimmer nicht mit Empfangsgeräten oder einem geeigneten Internetzugang ausgestattet sind. Die Verfassungswidrigkeit der Regelung des Beherbergungsbeitrags beschränke sich hierauf. Sie erfasse nicht die Beitragspflicht derjenigen Betriebsstätteninhaber, die ihren Gästen eine Empfangsmöglichkeit in den Zimmern eröffnen.

Berufungsgericht muss noch weitere Aufklärung betreiben

Das Berufungsgericht hatte laut BVerwG im konkreten Fall nicht festgestellt, ob in den Zimmern der Klägerin eine von ihr eröffnete Rundfunkempfangsmöglichkeit besteht. Erst nach Aufklärung dieser Tatsache könne beurteilt werden, ob die Klägerin zur Zahlung des Beitrags verpflichtet sei oder aber die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Beherbergungsbeitrags dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen ist.

BVerwG, Urteil vom 27.09.2017 - 6 C 32.16

Redaktion beck-aktuell, 28. September 2017.