BVerwG: EuGH soll über Zulässigkeit von Planerhaltungsvorschriften bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen entscheiden

Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob nationale Vorschriften über die Planerhaltung von Bebauungsplänen den Anforderungen des Unionsrechts genügen. Hierum bittet das Bundesverwaltungsgericht in einem Vorabentscheidungsersuchen. Konkret geht es um die Vereinbarkeit von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Beschluss vom 14.03.2017, Az.: 4 CN 3.16).

Verfahrensfehler nach nationalem Recht unbeachtlich 

Die Entscheidung ist in einem Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan ergangen. Dieser schafft die planungsrechtliche Voraussetzung für vier Windenergieanlagen, die neben einem bereits bestehenden Windpark mit 19 Windenergieanlagen errichtet werden sollen. Der Plan war nach Auffassung des BVerwG ausschließlich in einem Punkt zu beanstanden: Die Gemeinde hatte die Öffentlichkeit bei der Aufstellung des Plans beteiligt, die Bekanntmachung über die Auslegung des Planentwurfs genügte aber den gesetzlichen Anforderungen nicht. Es fehlten hinreichende Angaben, welche umweltbezogenen Informationen bei der Gemeinde verfügbar waren. Nach nationalem Recht wäre dieser Verfahrensfehler nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, weil er trotz entsprechender Belehrung nicht innerhalb eines Jahres gegenüber der Gemeinde gerügt worden war. Damit wäre der Normenkontrollantrag abzulehnen gewesen.

EU-rechtswidrige Beschränkung gerichtlicher Kontrolle?

Das BVerwG sieht jedoch Klärungsbedarf, ob § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB in diesem Fall mit der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Richtlinie) vereinbar ist. Der Bebauungsplan soll die Zulässigkeit eines Vorhabens begründen, das einer Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegt. In einem solchen Fall wird die UVP als Umweltprüfung nach dem BauGB durchgeführt. Eine Vorprüfung entfällt. Im damit eröffneten Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie verlangt Art. 11 Abs. 1 UVP-RL einen Zugang zu einem Gericht (oder einer anderen Stelle), um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit eines Hoheitsaktes anzufechten. Nach einem Urteil des EuGH (NVwZ 2015, 1665) beschränkt Art. 11 Abs. 1 UVP-RL aber nicht die Gründe, die mit einem Rechtsbehelf geltend gemacht werden können. Das BVerwG hält es für denkbar, in § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB eine mit Art. 11 Abs. 1 UVP-RL unvereinbare Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle zu sehen. Es hat daher den EuGH im Weg des Vorabentscheidungsverfahrens um Klärung gebeten. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs hat das BVerwG das Revisionsverfahren ausgesetzt.

BVerwG, Beschluss vom 14.03.2017 - 4 CN 3.16

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2017.