Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur Schaffung einer "Bildungs- und Wissenschaftsschranke" im Urheberrecht

Die Bundesregierung will das Wissenschafts-Urheberrecht modernisieren. Dafür hat sie am 12.04.2017 den von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft beschlossen. Wie das Bundesjustizministerium mitteilt, setzt der Entwurf die Maßgabe des Koalitionsvertrages um, eine sogenannte Bildungs- und Wissenschaftsschranke – also eine gesetzliche Nutzungserlaubnis – im Urheberrecht zu schaffen.

Gesetzlicher Basiszugang für bestimmte Verwendungszwecke

Wie das Ministerium mitteilt, regelt der Gesetzentwurf, in welchen Fällen urheberrechtlich geschützte Texte, Filme oder andere Medien für Unterricht, Lehre, oder die nichtkommerzielle Forschung verwendet werden dürfen. Für diese Zwecke gewähre er einen gesetzlichen Basiszugang, der auch ohne Lizenz offenstehe. Autoren, Verlage und andere Inhalteanbieter sollen hierfür eine angemessene Vergütung erhalten.

Neuregelung soll geordnete, klare Vorschriften bringen

Die bisherigen gesetzlichen Nutzungserlaubnisse im Urheberrechtsgesetz seien unübersichtlich geregelt und selbst für Experten kaum verständlich, heißt es in der Mitteilung. Außerdem seien sie teilweise veraltet. Die Reform mache Nutzern in Schulen, Universitäten und Museen künftig das Leben leichter, indem sie geordnete, klare Vorschriften bringe, zum Beispiel für "Unterricht und Lehre", "Wissenschaftliche Forschung" und "Bibliotheken".

Potentiale von Digitalisierung und Vernetzung sollen erschlossen werden

Die gesetzlichen Nutzungsbefugnisse würden behutsam erweitert und modernisiert, erläutert das Bundesjustizministerium. Künftig gelte der Grundsatz, dass die gesetzliche Erlaubnis durch Verträge nicht eingeschränkt werden kann, und auch Vertragsangebote die gesetzliche Nutzung nicht hindern können. Der Entwurf erschließe so die Potentiale von Digitalisierung und Vernetzung für Bildung und Wissenschaft. Neue wissenschaftliche Arbeitstechniken wie das "Text and Data Mining" – also die computergestützte Auswertung großer Text- und Datenbestände – würden zum ersten Mal gesetzlich geregelt.

Rechtssicherheit für Deutsche Nationalbibliothek

Die Reform schaffe auch Rechtssicherheit für die Deutsche Nationalbibliothek: Sie könne künftig "Web-Harvesting" betreiben, also frei zugängliche Internet-Inhalte archivieren und so das kollektive Gedächtnis auch in der digitalen Welt sichern.

Vervielfältigung ganzer Bücher nicht umfasst

Auch die Interessen von Autoren, Wissenschaftsverlagen und anderen Rechtsinhabern blieben nach den Plänen der Bundesregierung gewahrt, betont das Justizministerium. Die gesetzlichen Erlaubnisse ermöglichten nur einen Basiszugang, beispielsweise die Kopie einzelner Fachzeitschriftenartikel für den Unterricht oder die Nutzung von Buchauszügen für einen digitalen Semesterapparat. Verwertungsgesellschaften sollen die Vergütungen einziehen und an Autoren und Verleger ausschütten. Für Nutzungen, die über das gesetzlich Erlaubte hinausgehen wie die Vervielfältigung ganzer Bücher werde auch künftig eine Lizenz benötigt.

Redaktion beck-aktuell, 12. April 2017.