BSG: Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte müssen Beiträge auf gesamte Sofortrente zahlen

Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung müssen auf den vollen Auszahlungsbetrag einer Sofortrente und nicht nur auf den Kapitalzuwachs Krankenkassenbeiträge entrichten. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 15.08.2018 entschieden und seine Rechtsprechung bestätigt (Az.: B 12 R 5/17 R). 

Beiträge unter Berücksichtigung von Sofortrenten neu festgesetzt

Die Klägerin schloss 2007 eine "Sofort beginnende Leibrente mit Garantiezeit" sowie eine "SofortRente" ab, die ihr nach geleisteten Einmalzahlungen von 419.996,53 Euro und 445.000 Euro eine lebenslange Rente von monatlich 1.050,79 Euro und 1.137,59 Euro garantieren. Sie war von März 2010 bis Dezember 2013 freiwillig krankenversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse. Aufgrund ihrer "Einkommenserklärung" vom 25.03.2010, wonach sie neben einer monatlichen Zahlung ihres Vaters von 400 Euro über keine weiteren Einkünfte verfüge, wurden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) von der Beklagten nach der Mindestbemessungsgrundlage berechnet. Nachdem die Klägerin in einer weiteren "Einkommenserklärung" vom 02.01.2012 auf die Rentenzahlungen hingewiesen hatte, setzte die Beklagte die Beiträge zur GKV und sozialen Pflegeversicherung im April 2012 für die Zeit ab 01.03.2010 neu fest.

LSG: Voller Zahlbetrag zu berücksichtigen

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beschränkten die Beteiligten den Rechtsstreit auf die Beiträge zur GKV. Die auf Verbeitragung allein der die Garantierenten übersteigenden Zahlbeträge von zusammen 662,62 Euro gerichtete Klage wies das SG ab. Die dagegen von der Klägerin eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht zurück. Die Beklagte habe die anfänglich rechtswidrige Beitragsfestsetzung nach § 45 SGB X zurücknehmen dürfen. Die jeweilige Sofortrente beruhe auf einem privaten Versicherungsvertrag, deren Zahlbetrag die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimme und als Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehe.

Klägerin: Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur durch Rendite erhöht

Mit ihrer Revision rügte die Klägerin die Verletzung von § 240 Abs. 1 SGB V. Bei beiden Versicherungsverträgen handele es sich nicht um Arbeitsentgelt ersetzende Renten oder damit vergleichbare Einnahmen mit Versorgungscharakter. Soweit keine zusätzlichen Erträge erwirtschaftet würden, sei − vergleichbar einer Bankanlage − lediglich die Rückzahlung eingezahlten Kapitals garantiert, auf das jederzeit in Höhe des Rückkaufswertes zugegriffen werden könne. Nicht dieser Kapitalverzehr als geschütztes Vermögen i.S.d. Art. 14 GG, sondern allein die erzielte Rendite erhöhe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

BSG: Gesamter Auszahlungsbetrag der Sofortrente prägt wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 

Das BSG hat die Revision zurückgewiesen. Die beklagte Krankenkasse habe die Beiträge der Klägerin zur freiwilligen GKV für die Zeit ab dem 01.03.2010 in zutreffender Höhe neu festgesetzt. Das SG habe die dagegen erhobene Klage zur Recht abgewiesen und das Landessozialgericht die Berufung der Klägerin zutreffend zurückgewiesen. Die Klägerin habe als freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse Beiträge auch aus ihren durch Einmalleistungen erworbenen Sofortrenten zu zahlen. Beitragspflichtig sei der gesamte monatliche Zahlbetrag der Sofortrenten und nicht nur der Ertragsanteil. Das BSG habe bereits in seinem Urteil vom 10.10.2017 (BeckRS 2017, BeckRS 2017, 139944) entschieden, dass eine Sofortrente insgesamt und nicht nur ein Kapitalzuwachs zum Verbrauch für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung steht und wesentlich die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V prägt. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG liege nicht vor.

BSG, Urteil vom 15.08.2018 - B 12 R 5/17 R

Redaktion beck-aktuell, 17. August 2018.