BGH: Weggeworfener Pass rechtfertigt keine überlange Abschiebehaft

Ein Flüchtling darf nicht länger als sechs Monate in Abschiebehaft genommen werden, nur weil er vor der Einreise seinen Pass weggeworfen hat. Das geht aus einem am 17.02.2017 veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs hervor (Beschluss vom 19.01.2017, Az.: V ZB 99/16).

Sachverhalt

Die Karlsruher Richter hatten über die Rechtsbeschwerde eines inzwischen abgeschobenen Marokkaners zu entscheiden. Der Mann war Ende 2015 unerlaubt nach Deutschland eingereist, nachdem er es zuvor schon vergeblich in Österreich versucht hatte. Anfang Dezember 2015 kam er in Abschiebehaft, Anfang Juni 2016 verlängerte das Amtsgericht diese noch einmal auf dann sechs Monate und zwei Wochen. Zur Begründung hieß es, der Mann habe seinen Pass absichtlich ins Meer geworfen und in Deutschland weder nähere Angaben zu seiner Herkunft oder Familie gemacht noch sich um eine Kopie von Pass oder Geburtsurkunde bemüht.

BGH verneint aktives Verhindern der Abschiebung

Die lange Haft hat den Mann in seinen Rechten verletzt, wie die Karlsruher Richter nun nachträglich feststellten. Die Haft dürfe laut Gesetz nur dann über ein halbes Jahr hinaus auf maximal 18 Monate verlängert werden, wenn der Betroffene seine Abschiebung verhindere. Gemeint sei damit ein Verhalten, das sich auf eine konkret bevorstehende Abschiebung beziehe und an der Verzögerung auch schuld sei. Dafür reiche etwas, das noch vor der Einreise vorgefallen sei, allerdings nicht aus. Dass der Mann zur Mitwirkung aufgefordert worden sei und sich verweigert habe, hätten die Gerichte zumindest nicht festgestellt.

BGH, Beschluss vom 19.01.2017 - BeckRS 2017, 101860

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2017 (dpa).