BGH: Berufungsgericht muss noch einmal zu hohen Anzahlungen für Pauschalreisen entscheiden

Der Streit um die Frage, wie hoch bei bestimmten Pauschalreisen die von TUI Deutschland geforderten Anzahlungen sein dürfen, geht weiter. Der Bundesgerichtshof hat am 25.07.2017 zum zweiten Mal ein dazu ergangenes Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Konkret geht es um Anzahlungen in Höhe von 40% des Gesamtreisepreises, die TUI für bestimmte Pauschalreisen verlangt (Az.: X ZR 71/16). Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände.

Streit um für bestimmte Pauschalreisen geltende Anzahlungsklausel

Der Kläger verlangte von der beklagten Reiseveranstalterin TUI Deutschland GmbH, es zu unterlassen, beim Abschluss bestimmter Pauschalreisen eine Reisebedingung zu verwenden, die eine Anzahlung in Höhe von 40% des Reisepreises vorsieht. Das Landgericht untersagte der Beklagten die Verwendung der konkreten Klausel. Nachdem die Berufung der Beklagten vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden war (OLG Celle, BeckRS 2013, 21102), legte die Beklagte Revision ein. Der BGH hob daraufhin das Berufungsurteil teilweise auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück (NJW-RR 2015, 618).

OLG Celle: Anzahlung von 40% des Reisepreises zu viel

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren nahm die Beklagte die Berufung zum Teil zurück und verteidigte die Klausel nur noch in folgender Fassung: "Bei Vertragsschluss wird bei Reisen der Marken X1-2-Fly und XTUI gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von 40% des Gesamtpreises fällig". Das Berufungsgericht wies auch die verbliebene Berufung der Beklagten zurück (OLG Celle, BeckRS 2016, 12326). Es hat angenommen, die Reisenden würden durch eine Anzahlung in Höhe von 40% des Reisepreises unmittelbar bei Vertragsschluss unangemessen benachteiligt.

Anzahlung nicht durch Vorleistungsquote gerechtfertigt

Die Beklagte habe zwar für die in Rede stehenden Reisen die Vorleistungsquoten für die Geschäftsjahre 2013/14 und 2014/15 mit 47,1% und 46% berechnet, dabei aber aus Rechtsgründen nicht berücksichtigungsfähige Provisionszahlungen an Reisebüros einbezogen. Nach deren Abzug verblieben Vorleistungsquoten von 37,8% und 36,6%, die eine Anzahlung in der geforderten Höhe nicht rechtfertigen könnten. Zudem wiesen die Vorleistungen der Beklagten bei den Kosten für Flugbeförderung und Hotels eine zu große Bandbreite auf. Die für die Reisen der jeweiligen Marken gebildete durchschnittliche Vorleistungsquote sei daher nicht, wie vom BGH verlangt, für die Gesamtheit dieser Reisen repräsentativ.

BGH: Provisionszahlungen an Reisebüros als Vorleistung bei Anzahlung zu berücksichtigen

Der BGH hat der Beklagten nach erneuter Revisionseinlegung Recht gegeben und die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückverwiesen. Die Provisionszahlungen an Reisebüros seien Aufwendungen des Reiseveranstalters, die dieser für die Beratung des Reisenden und die Planung der von diesem gebuchten Reise im zeitlichen Zusammenhang mit der Buchung erbringen müsse. Die Zahlungen verringerten folglich buchungsbezogen die liquiden Mittel des Reiseveranstalters.

Bei Flugkosten keine Differenzierung notwendig

Hinsichtlich der Flugkosten, die die Beklagte nach ihrem Vortrag in etwa 90% der Reisen vorfinanzieren muss und in etwa 10% erst bei Durchführung der Reisen bezahlt, hat der BGH es anders als das Berufungsgericht nicht für erforderlich gehalten, bei der Bemessung der Höhe der Anzahlung zwischen beiden Fällen zu differenzieren. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen Art, Zuschnitt und Qualität der Reiseleistungen, die der Verbraucher buche und der Art und Weise, wie die Beklagte die Flugbeförderung finanziere und gegebenenfalls vorfinanziere. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn die Gesamtheit der Vorleistungen der Beklagten für die Flugbeförderung mit einem identischen Prozentsatz des Reisepreises auf die von der Gesamtheit der Reisenden der Kategorien X1-2-Fly und XTUI zu leistenden Anzahlungen umgelegt werden.

Notwendigkeit der Differenzierung bei “touristischen Vorleistungen“ noch zu klären

Hinsichtlich der Vorleistungen, die die Beklagte gegenüber Hotelbetreibern erbringe ("touristische Vorleistungen"), muss das Berufungsgericht laut BGH noch klären, ob zwischen Reisen der Kategorien X1-2-Fly und XTUI und den übrigen von der Beklagten angebotenen Reisen oder innerhalb dieser Kategorien signifikante Unterschiede bei der Höhe der touristischen Vorleistungen bestehen, die es geboten erscheinen lassen, diese bei den Anzahlungen nicht mit einem einheitlichen Prozentsatz vom Reisepreis zu berücksichtigen, sondern insoweit zu differenzieren.

BGH, Urteil vom 25.07.2017 - X ZR 71/16

Redaktion beck-aktuell, 25. Juli 2017.