Wettbewerbswidrigkeit geltend gemacht
Der Kläger ist Taxiunternehmer in Berlin. Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, bot die Applikation "UBER Black" für Smartphones an, über die Mietwagen mit Fahrer bestellt werden konnten. Dabei erhielt der Fahrer, dessen freies Mietfahrzeug sich zum Zeitpunkt des Auftrags am Nächsten zum Fahrgast befand, den Fahrauftrag unmittelbar vom Server der Beklagten. Zeitgleich benachrichtigte die Beklagte das Mietwagenunternehmen per E-Mail. Der Kläger hält das Angebot der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Rückkehrgebot für Mietwagen (§ 49 Absatz 4 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)) für wettbewerbswidrig. Er hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Erfolg der Unterlassungsklage von EU-Recht abhängig
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten war ohne Erfolg geblieben. Der Erfolg der Revision hängt nun von der Auslegung des Unionsrechts ab. Der BGH hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt.
BGH bejaht Verstoß gegen PBefG
Die Verwendung der beanstandeten Version der App "UBER Black" verstößt laut BGH gegen § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG. Nach dieser Bestimmung dürften mit Mietwagen nur Fahraufträge ausgeführt werden, die zuvor am Betriebssitz des Unternehmens eingegangen worden sind. Dagegen könnten Fahrgäste den Fahrern von Taxen unmittelbar Fahraufträge erteilen. Die Bedingung, dass Fahraufträge für Mietwagen zunächst am Betriebssitz des Unternehmers eingehen müssen, sei nicht erfüllt, wenn der Fahrer unmittelbar den Fahrauftrag erhält, auch wenn das Unternehmen, das den Mietwagen betreibt, zeitgleich unterrichtet wird. Dabei sei es unerheblich, ob die unmittelbare Auftragserteilung an den Fahrer durch die Fahrgäste selbst oder – wie im Streitfall – über die Beklagte erfolgt.
App-Anbieterin muss für Haftung nicht unter PBefG fallen
In dieser Auslegung sei § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG gegenüber den Mietwagenunternehmen und der Beklagten eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Berufsausübungsregelung. Sie sei zum Schutz des Taxiverkehrs gerechtfertigt, für den feste Beförderungstarife und Kontrahierungszwang gelten. Unerheblich ist nach Ansicht des BGH in diesem Zusammenhang, ob die eigene Tätigkeit der Beklagten dem Personenbeförderungsgesetz unterfällt. Für die Wettbewerbsverstöße der mit ihr kooperierenden Mietwagenunternehmer und der Fahrer hafte die Beklagte als Teilnehmerin.
Anwendbarkeit der EU-Vorschriften zur Dienstleistungsfreiheit relevant
Der BGH fragt sich jedoch, ob unionsrechtliche Bestimmungen einem Verbot von "UBER Black" entgegenstehen. Bedenken gegen ein Verbot könnten sich allein aus den Vorschriften der EU zur Dienstleistungsfreiheit ergeben. Diese Bestimmungen fänden aber keine Anwendung auf Verkehrsdienstleistungen. Zu der für die gesamte Union einheitlich zu beantwortenden Frage, ob die Vermittlungstätigkeit der Beklagten in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Verkehrsdienstleistung darstellt, bestehe noch keine Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Da sich diese Frage nicht ohne weiteres beantworten lasse, hat der BGH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der Dienst der Beklagten eine Verkehrsdienstleistung ist.
Öffentliche Ordnung könnte für Verbot der App streiten
Sollte der EuGH eine Verkehrsdienstleistung verneinen, stelle sich im vorliegenden Verfahren die weitere Frage, ob es aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt unter den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen gerechtfertigt sein kann, eine App der im Streitfall beanstandeten Art zu untersagen, um die Wettbewerbs- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs zu erhalten.
Bereits anhängiges Vorabentscheidungsersuchen eventuell nicht hilfreich
Beim EuGH ist laut BGH bereits ein Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Barcelona anhängig, das den Dienst UberPop betrifft, bei dem Privatpersonen in ihren eigenen Fahrzeugen Fahrgäste ohne behördliche Genehmigung befördern. In diesem Verfahren habe der Generalanwalt die Schlussanträge am 11.05.2017 vorgelegt (BeckRS 2017, 109869). Im Hinblick auf Unterschiede im Sachverhalt in beiden Verfahren sei jedoch nicht absehbar, ob die Antworten auf die im Streitfall aufgeworfenen Fragen der Entscheidung des EuGH in dem Vorlageverfahren aus Barcelona zu entnehmen sein werden. Deswegen habe der BGH ein eigenes Vorabentscheidungsersuchen gestellt.