BGH: AGB-Klausel zu bei Gewährung eines Bauspardarlehens zu zahlender "Kontogebühr" ist unwirksam

Eine vorformulierte Bestimmung über eine "Kontogebühr", die bei Gewährung eines Bauspardarlehens vom Verbraucher in der Darlehensphase zu zahlen sein soll, ist unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 09.05.2017 auf die Klage eines Verbraucherschutzverbandes entschieden (Az.: XI ZR 308/15).

Bausparer soll in Darlehensphase "Kontogebühr" zahlen

Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine von der beklagten Bausparkasse in den von ihr abgeschlossenen Bausparverträgen verwendete Klausel sowie eine damit korrespondierende Regelung in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) der Beklagten, die jeweils eine vom Bausparer in der Darlehensphase zu zahlende "Kontogebühr" in aktueller Höhe von 9,48 Euro jährlich vorsehen.

Verbraucherschutzverband sieht Verstoß gegen § 307 BGB

Die von der Beklagten vorformulierten Darlehensverträge enthalten unter anderem folgende Bestimmung: "I.1. Bauspardarlehen […] b) Kosten des Bauspardarlehens: Über die Zinsen und die Tilgung hinaus fallen bei planmäßigem Verlauf des Bauspardarlehens folgende Kosten an: Kontogebühr: derzeit je Konto 9,48 Euro jährlich (gemäß ABB) […]." § 17 Abs. 1 der ABB der Beklagten lautet: "Die Bausparer bilden eine Zweckgemeinschaft. Ihre Verträge bilden das Bausparkollektiv. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des kollektiven Bausparens berechnet die Bausparkasse für bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse eine Kontogebühr. […] Für ein Konto in der Darlehensphase beträgt die Kontogebühr 9,48 Euro. Die Darlehensphase beginnt mit der ersten (Teil-) Auszahlung des Bauspardarlehens." Der Kläger ist der Ansicht, die beiden Klauseln über die "Kontogebühr" in I.1.b) der Darlehensverträge sowie in § 17 Abs. 1 der ABB verstießen gegen § 307 BGB und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen.

Klauseln unterliegen Inhaltskontrolle

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der BGH hat ihr aufgrund der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision des Klägers stattgegeben. Die beiden – als einheitliche Regelung zu verstehenden – Klauseln über die Erhebung einer "Kontogebühr" in der Darlehensphase stellten eine gerichtlicher Kontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede dar. In der Darlehensphase sei mit den Tätigkeiten der "bauspartechnische[n] Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse", für die die Beklagte die Kontogebühr auch in diesem Zeitraum erhebt, weder die Erfüllung einer Hauptleistungspflicht der Beklagten noch eine rechtlich nicht geregelte Sonderleistung verbunden. Die vorgenannten Tätigkeiten erbringe die Bausparkasse nach Darlehensgewährung nicht im Interesse des Darlehensnehmers. Dass sie nach Eintritt in die Darlehensphase Zahlungen des Kunden ordnungsgemäß verbucht, liege ebenfalls ausschließlich in ihrem Interesse. Die bloße Verwaltung der Darlehensverträge nach Darlehensausreichung sei keine gesondert vergütungsfähige Leistung gegenüber dem Bausparer, sondern eine rein innerbetriebliche Leistung der Bausparkasse.

Abgewälzte Kosten betreffen im Interesse der Bausparkasse liegende Tätigkeiten

Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle hielten die beanstandeten Regelungen über die Kontogebühr in der Darlehensphase nicht stand, so der BGH weiter. Sie wichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und benachteiligten die Bausparkunden der Beklagten unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Klauseln seien mit dem – auch für Bauspardarlehensverträge geltenden – gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB unvereinbar, weil die Berechnung der Kontogebühr in der Darlehensphase der Abgeltung von Aufwand für im Zusammenhang mit Bauspardarlehen stehende Verwaltungstätigkeiten der Beklagten dient und folglich Kosten auf deren Kunden abgewälzt werden, die für Tätigkeiten anfallen, die von der Beklagten überwiegend in eigenem Interesse erbracht werden. Hinreichende Gründe, die die Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung dessen ungeachtet als angemessen erscheinen lassen, liegen nach Ansicht des BGH nicht vor. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sei insbesondere weder sachlich gerechtfertigt noch werde der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt. Die Kontogebühr in der Darlehensphase werde schließlich auch nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der Bausparkunden ausgeglichen.

BGH, Urteil vom 09.05.2017 - XI ZR 308/15

Redaktion beck-aktuell, 9. Mai 2017.