BGH: Ausgleichszahlung auch bei Verspätung eines für annullierten Flug angebotenen Ersatzflugs

Einem Fluggast steht auch dann ein Ausgleichsanspruch zu, wenn der wegen Annullierung des Fluges in Anspruch genommene Ersatzflug mit einem anderen Luftverkehrsunternehmen Verspätung hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fluggast einen Ausgleichsanspruch gegen das Luftverkehrsunternehmen des Anschlussflugs hat. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.10.2017 entschieden (Az.: X ZR 73/16).

Sachverhalt

Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen einen Flug von Frankfurt am Main nach Singapur mit Anschlussflug nach Sydney, der auf beiden Teilstrecken von der Beklagten durchgeführt werden sollte. Die Beklagte annullierte den ersten Flug von Frankfurt nach Singapur am vorgesehenen Abflugtag und bot den Klägern als Ersatz einen Flug eines anderen Luftverkehrsunternehmens an, der am selben Tag starten und am Folgetag um etwa die gleiche Uhrzeit wie der ursprünglich vorgesehene Flug in Singapur landen sollte. Der Start dieses Fluges verzögerte sich jedoch um etwa 16 Stunden, so dass die Reisenden den ursprünglich vorgesehenen Weiterflug in Singapur nicht erreichten und mit einer Verspätung von mehr als 23 Stunden in Sydney ankamen.

Berufungsgericht gab dem Kläger Recht

Das Amtsgericht hatte die Klage noch abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hatte das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von insgesamt 1.800 Euro nebst Verzugszinsen verurteilt. Die Regelung in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO sei nach ihrem Sinn und Zweck dahin zu verstehen, dass Ausgleichsansprüche nicht bereits durch ein Angebot zur anderweitigen Beförderung ausgeschlossen würden, sondern nur dann, wenn der Fluggast mit dem angebotenen Ersatzflug sein Endziel tatsächlich höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht habe. Die Beklagte legte Revision ein.

BGH: Beklagte ist wegen Annullierung des ursprünglichen Fluges ausgleichspflichtig

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte bleibe wegen der Annullierung des ursprünglichen, von ihr geplanten Fluges ausgleichspflichtig, da die Kläger mit dem ihnen angebotenen Ersatzflug ihr Endziel tatsächlich nicht höchstens zwei Stunden später als ursprünglich vorgesehen erreicht haben. Dass der angebotene Ersatzflug, wenn er planmäßig durchgeführt worden wäre, den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO entsprochen hätte, reiche nicht aus, um die Beklagte von ihrer Ausgleichspflicht zu befreien. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Kläger gegen das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen Ausgleichsansprüche wegen Verspätung geltend machen könnten.

Fluggast kann nicht auf Ausgleichspflicht des Ersatzflugunternehmens verwiesen werden

Den Zielen der Fluggastrechteverordnung werde allein durch ein Verständnis des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii FluggastrechteVO Rechnung getragen, wonach ein Ausgleichsanspruch nur dann ausgeschlossen sei, wenn der Fluggast das Endziel mit dem Ersatzflug tatsächlich höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreichen konnte. Die Begründung eines Ausgleichsanspruchs gegen das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen genüge hierfür nicht, zumal eine Verspätung des Ersatzflugs nicht in jedem Fall zu einem Ausgleichsanspruch führt. Ein solcher Anspruch sei beispielsweise ausgeschlossen, wenn das den Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen nicht dem Geltungsbereich der Fluggastrechteverordnung unterfalle oder dessen Verspätung weniger als drei Stunden betrage.

BGH, Urteil vom 10.10.2017 - X ZR 73/16

Redaktion beck-aktuell, 10. Oktober 2017.