Wirtschaftsexperten gehen Meldepflichten bei Geschäftsbeziehungen von Bankkunden ins Ausland zu weit

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben sich gegen ihrer Ansicht nach zu weitreichende Meldepflichten bei Geschäftsbeziehungen von Bankkunden ins Ausland gewandt. Es würden faktisch alle Wirtschaftsunterehmen in Nicht-EU- oder Nicht-EFTA-Staaten "unter Generalverdacht" gestellt, erklärten die Verbände in einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses am 27.03.2017 zu einem Regierungsentwurf zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drs. 18/11132). Mit dem Entwurf zieht die Regierung Konsequenzen aus der Veröffentlichung der sogenannten Panama Papers.

Regierung will Steuerschlupflöcher schließen

So sollen Steuerumgehungsmöglichkeiten mittels Gründung und Nutzung von Briefkastenfirmen verhindert werden. Durch zusätzliche Auskunfts- und Informationspflichten sollen die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung von im Ausland angesiedelten Domizilgesellschaften (wie Briefkastenfirmen auch genannt werden) verbessert werden. Außerdem sieht der Entwurf die Aufhebung des bisher in § 30a AO geregelten steuerlichen Bankgeheimnisses vor.

BStBK: Meldepflichtige nicht überlasten

Die Spitzenverbände lehnen es ab, dass meldepflichtige Stellen wie Banken bei Verstößen gegen die Meldepflicht für entgangene Steuern haften sollen. Auch die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) riet dazu, bei der Einführung neuer Meldepflichten darauf zu achten, die Meldepflichtigen nicht zu überlasten beziehungsweise "nichts Unmögliches von ihnen zu verlangen". Grundsätzlich stellte die Kammer fest: "Wir halten die derzeit zu beobachtende Tendenz, Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen außerhalb von EU oder EFTA unter der allgemeinen Überschrift von Transparenz mit immer mehr zusätzlichen sanktionsbewehrten Melde- und Berichtspflichten zu belegen, für bedenklich." Die Meldepflicht sei "sehr weitgehend ausgestaltet", wurde beklagt. Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (BT-Drs. 18/2877) erhobene Forderung nach einer Bundessteuerverwaltung lehnte die Steuerberaterkammer ab. Das sei keine Lösung des Problems.

Gewerkschaften stimmen Neuregelung zu

Zustimmung für die Neuregelung gab es dagegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der das Instrumentarium als "tauglich" bezeichnete, um wirtschaftliche Beteiligungen in Drittstaaten erfassen zu können. Die Anwendung nur auf Drittstaaten zu beziehen, könne jedoch problematisch sein, so der DGB. Die Regelung müsse flächendeckend angewendet werden. Für die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) handelt es sich bei Panama nur um "die Spitze des Eisbergs". Wie der DGB plädierte auch die DSTG dafür, die Regelung nicht nur auf Drittstaaten anzuwenden.

Unterschiedliche Sichtweise zur Abschaffung des Bankgeheimnisses

Die DSTG begrüßte in der Anhörung ausdrücklich die geplante Abschaffung des § 30a AO (Bankgeheimnis), während Banken- und Unternehmensverbände in ihren Stellungnahmen dagegen protestierten. Wenn das Bankgeheimnis aufgehoben werde, drohe eine nachhaltige Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditinstituten und Kunden, erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände. Nach Angaben der Kreditwirtschaft werden private Kapitalerträge seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 "lückenlos erfasst". Eine Verkürzung von Steuern in diesem Bereich sei "faktisch ausgeschlossen".

Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED halten Entwurf für unzureichend

Grundsätzliche Kritik an dem Gesetzentwurf kam vom Netzwerk Steuergerechtigkeit und von "WEED – Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung". Briefkastenfirmen seien ein ungelöstes Problem: "Briefkastenfirmen untergraben die Integrität der Finanz- und Steuersysteme und schaden so massiv der Allgemeinheit." Auch nach der geplanten Neuregelung werde es möglich bleiben, in EU-Staaten wie Malta anonyme Briefkastenfirmen zu gründen. Das seien Lücken, die geschlossen werden müssten. Markus Henn vom Netzwerk Steuergerechtigkeit wies darauf hin, dass es auf den Britischen Jungferninseln 400.000 Briefkastenfirmen gebe.

Debatte um Erhebung der Steuer-Identifikationsnummern bei Kreditfinanzierung

Der Bankenfachverband, der die Interessen von 56 Kreditbanken vertritt, sprach in der Anhörung ein anderes Thema an. Nach den neuen Vorschriften sollen auch bei Kreditfinanzierungen regelmäßig die Steuer-Identifikationsnummern der Kunden erhoben werden müssen. Kreditkonten wie andere Konten zu behandeln, sei nicht nachvollziehbar, denn diese dienten nicht dem Zahlungsverkehr und nicht dem Einlagengeschäft. Daher könnten Kreditkonten auch keinen "Verfügungsberechtigten" haben. Wenn die Kunden bei Verbraucherkrediten oder Internetgeschäften ständig die Steuer-ID angeben müssten, könne dies zu zahlreichen Geschäftsabbrüchen führen. Dagegen begrüßte das Bundeszentralamt für Steuern die Verpflichtung der Kreditinstitute, bei Kontoeröffnungen die steuerlichen Identifikationsmerkmale des Kontoinhabers zu erfassen und zu übermitteln, da es tatsächlich Doppelgänger mit identischem Namen und Geburtsdatum gebe. Mit dem Gesetzentwurf würden die Möglichkeiten zur Feststellung entsprechender Sachverhalte und zur Beitreibung von Steuerforderungen wesentlich verbessert.

Wunsch nach Verschiebung des Starts der Investmentsteuerreform

Mit einem anderen Thema befasste sich die Stellungnahme des Fondsverbandes BVI. Er bat darum, den Beginn der Investmentsteuerreform um ein Jahr zu verschieben. Angesichts der Komplexität der Neuregelungen sei eine Umsetzung in 2017 nicht mehr zu schaffen. Auch seien viele Umsetzungsfragen noch offen. Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft nahm zur Investmentsteuerreform Stellung und warnte vor "Kollateralschäden".

Redaktion beck-aktuell, 28. März 2017.